Madrid – eine moderne Stadt voller Tradition
Wenn Spanier „Madrid“ hören, ist oft der einzige Kommentar „mucha gente!“, was so viel heißt, wie „viele Leute!“. Dieses Statement wird sich bestätigen, wenn Sie die Stadt besuchen. In den Straßen und auf den zahlreichen Plätzen Madrids wimmelt es Tag und Nacht von Menschen. Nicht nur die Touristen, auch die Madrileños können sich den Reizen der Altstadt offensichtlich nicht entziehen.
Der heulende Ton von Polizei und Ambulanzen und das ständige Gehupe der nie endenden Autokonvois lassen die Stadt nicht zur Ruhe kommen. Um einen Überblick über die vielen Sehenswürdigkeiten zu bekommen, empfiehlt es sich eine Stadtrundfahrt mit einem der zweistöckigen Busse zu unternehmen, die 17 bis 21 Stationen mit mehr als 50 Sehenswürdigkeiten anfahren. Ab 10 Uhr fahren sie im 20-Minuten-Takt und Sie können die Fahrt an jedem Stop bei Bedarf unterbrechen und später oder an einer anderen Haltestelle wieder zusteigen. Eine optimale Art Madrid zu erobern.
Genießen Sie das Bad in der Menge auf der Plaza Mayor, einem riesigen Platz, der schon Stierkämpfe, Hinrichtungen und Seligsprechungen erlebt hat, umgeben von altehrwürdigen Gebäuden, an der Puerta del Sol, wo die Madrider das Neue Jahr mit Cava und 12 Weintrauben begrüßen oder auf der Plaza de Santa Ana mit ihren gemütlichen Bierlokalen, den Cervecerias. Madrid verfügt übrigens über eine beeindruckende kulinarische Landschaft. Nie haben wir eine solche Vielzahl an liebevoll und einzigartig gestalteten Restaurants, Bars und Cafés erlebt. Da ist z.B. das „Museo del Jamón“ – wirklich museumsreif! Hunderte von Schinken – Spanien ist berühmt für seinen serrano und iberico – hängen von der Decke herab und an den Wänden. Die Gastronomie bedient hier alle Zielgruppen: den Delikatessenverkauf, den Imbiss mit preiswerten Brötchen zum Mitnehmen, die Tapagäste an der Bar und die Gourmets im separaten Restaurantraum. Eine clevere und sehr dekorative Geschäftsidee!
Dann sind da natürlich die vielen Restaurants, die sich rühmen von bekannten Toreros frequentiert zu werden und ganz auf Stierkampf ausgerichtet sind. „La Taurina“ ist eines davon. Gleich am Eingang steht das lebensgroße Abbild eines Stierkämpfers, was viele der vorüberziehenden Touristen zu einem lustigen Foto verleitet. Die Wände und die ca. 20 m lange Theke sind mit Stiermotiven gekachelt, die Säulen mit sensationellen Stierkampffotos dekoriert und von den Wänden gucken uns die traurigen ausgestopften Stierköpfe entgegen, die den Spektakeln zum Opfer gefallen sind. Die Tapas hier sind ausgezeichnet. „El Sobrino del Botin“, nahe der Plaza Mayor, gilt als eines der besten Restaurants Madrids und als eines der ältesten der Welt. Im rustikalen Ambiente essen Sie hier traditionelle kastilische Gerichte.
Aber auch Kunstfreunde kommen in Madrid nicht zu kurz. Der Prado, eine der größten Kunstgalerien der Welt, ist wohl der beliebteste Anziehungspunkt. Aber auch im Museo Thyssen-Bornemisza, im Centro de Arte Reina Sofía – eines der Highlights ist Picassos „Guernica“- oder in der Real Academia de Bellas Artes sind unzählige Schätze verschiedener Kunstepochen ausgestellt. Sie sollten für diese Museen viel Muße mitbringen. Wer nicht ganz so viel Zeit und es gern etwas übersichtlicher hat, kann auch kleiner anfangen. Z.B. mit der Eremita de San Antonio de la Florida, einer kleinen Kirche, in der Goya mit den Fresken eines seiner Meisterwerke geschaffen hat. Seine Grabstätte liegt zu Füßen des Altars. Oder wie wäre es mit dem Museo Taurino, dem Stierkampfmuseum, welches der riesigen Arena – übrigens einem architektonischen Kunstwerk, 1929 im Neo-Mudéja-Stil vollendet – angegliedert ist. Eindrucksvoll wird die Kunst des Stierkampfes dokumentiert und sowohl tapfere Stiere als auch Toreros kommen hier zur letzten Ehre. Gemälde, Skulpturen und Kostüme verdeutlichen die Leidenschaft der Spanier. Nicht zuletzt ist natürlich auch der Palacio Real, der Königspalast, der heute als Kulisse für Staatsempfänge dient, eine Bühne vielfältiger kunsthistorischer Darbietungen. Von Möbeln, Gobelins, Kristall- und Marmorarbeiten bis zu Wand- und Deckenfresken schwelgt man hier in königlichem Prunk.
Wenn Sie auf Shopping aus sind, kommen Sie in Madrid voll auf ihre Kosten. Rund um die Puerta del Sol gibt es hunderte von Geschäften jeder Art. Junge preiswerte Mode ist hier und auch im Kaufhaus El Cortes Inglés zu finden. Die edlen, eher teureren Geschäfte finden Sie im noblen Viertel Salamanca. Für den Lebensmitteleinkauf sollten Sie auf jeden Fall den malerischen Mercado de San Miguel, einen Bau auf schmiedeeisernen Säulen aus dem 19. Jahrhundert, besuchen oder die vielen pittoresken Delikatessenläden mit ihren gekachelten oder getäfelten Fassaden, wie z.B. La Casa del Azafran oder Lhardy. Wenn Ihnen der Sinn nach einer stilechten Capa steht, werden Sie in der Sastreria Seseña in der Calle de la Cruz, 23 fündig. Ausgefallenes Kunsthandwerk bietet El ARCo, am Plaza Mayor, 9. Im Stadtviertel La Latina findet sonntags von 8-14 Uhr ein großflächiger Rastro (Flohmarkt) statt, der in Konkurrenz zum Buchmarkt, gleich hinter dem Botanischen Garten, steht. Einige der Bücherstände hier haben aber auch wochentags geöffnet.
Wer nach dem anstrengenden Stadtbummel dann relaxen möchte, dem bietet die Stadt neben vielen grünen Plätzen z.B. den Retiro Park, ein 150 Hektar großes Erholungsgebiet mit Wiesen, Spazierwegen, Gartenzonen und Monumenten. Im 17. Jahrhundert noch Privatpark der königlichen Familie, wurde das Areal 1869 der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Herzstück des Parks ist der Teich vor der Säulenhalle mit dem Reiterstandbild Alfonsos XII. Hier können Sie rudern, die vielen Restaurantkioske oder die Dienste der zahlreichen Tarotkartenleger, Wahrsager, Handleser oder Porträtmaler in Anspruch nehmen, die mit ihren Tischchen den Wegesrand säumen. Sehr dekorativ ist auch der 1887 anläßlich einer tropischen Pflanzenschau entstandene Palacio Cristal, in dem heute wechselnde Ausstellungen stattfinden. Eine weitere Grünzone – in erster Linie für gemütliche Spaziergänge – ist das Campo del Moro, ein Park hinter dem Königlichen Palast. Leider sind Teile der Anlage für Besucher gesperrt, nicht nur, wenn der König hier residiert. Nur die stolzen Pfauen haben überall Zugang. Dafür ist es im Casa de Campo, dem etwas außerhalb gelegenen einstigen königlichen Jagdrevier mit seinen 1740 Hektar etwas weitläufiger. Hierhin kommen die Madrilenen mit Kind und Kegel zum Picknick, in den Zoo oder in den Parque de Atracciones, einen Erlebnispark.
Beste Reisezeit für Madrid:
Frühjahr und Herbst mit Temperaturen um die 20° eignen sich am besten für den Madrid Besuch. Im Sommer herrschen oft über 30°, die das Sightseeing beschwerlich machen.
Von Edwine Bollmann